Kieler Nachrichten, 27.10.1979
Ein Künstler segelte nach Afrika
... und eröffnete mit kaiserlichem Wohl eine Kunsthandwerkschule
(ck) Tiefwassersegler,Künstler und Kunstlehrer im afrikanischen Busch: Albert Christoph Reck, der 1976 von Kiel aus nach Swaziland im südlichen Afrika segelte, darf alle drei Attribute für sich
in Anspruch nehmen. Zur Zeit ist er wieder in Kiel. Am Montag um 18 Uhr wird in den Kundenräumen der Kieler Spar- und Leihkasse eine Ausstellung mit eigenen Werken und Arbeiten seiner
afrikanischen Schüler eröffnet, Spiegelbild des gegenwärtigen Wirkens eines Mannes, der auszog, tätige Entwicklungshilfe „in Sachen Kunst“ zu leisten.
Ein Gespräch zwischen Journalisten und dem Künstler Reck gestern in den Räumen der Kieler Spar- und Leihkasse mußte vom Direktor Giese wegen der fortgeschrittenen Zeit abgebrochen
werden („Sparkassendirektoren müssen auch mal Geld verdienen“). Es hätte sich noch lange hinziehen können. Ging es doch um verschiedene Aspekte: die abenteuerliche Reise nach Südostafrika mit
einem in Rostock gebauten Segelkutter, den Aufbau einer Kunsthandwerkschule in Mbabane und die Erfahrungen im Umgang mit jungen Afrikanern, sowie das eigene künstlerischen Wirkenunter
afrikanischer Sonne – ein Journalist könnte drei Berichteoder mehr daraus machen.
Gestern ging es erst einmal um einen Reisebericht. Er war angefüllt mit Erzählungen von Stürmen und widrigen Seen, durch die der Kutter „Inopoleku“ – das stammt von der polnischen Oma Recks und
heißt soviel wie „Laß es sutje angehen Junge“- geknüppelt werden mußte. Die Mannschaft, die Kinder des Künstlers plus einem jungen Mann, ertrug es tapfer, nur der Bordkater meuterte, jumpte an
Land und trieb es mit einer eingeborenen Katze. Inzwischen dürften sie viele kleine „Malteser“ in die Welt gesetzt haben.
Der Törn führte durch den Suez-Kanal, das Rote Meer und den Indischen Ozean, Kurs auf ein italienisches Bohrschiff wurde abgesetzt, um zu testen, ob man der eigenen Navigation trauen könnte (man
konnte), zu einem deutschen Hochseeschlepper, der bereitwilligst Bier spendierte (Bergungsleute sind also gar nicht so, sie geben auch etwas ab), und dann in die Richards Bay, wo der Kutter jetzt
liegt. Ein Reck junior bietet ihn zu „Fishing Tours“:
Mit seiner Frau Maria-Luoise Reck zusammenhat der jetzt 57jährige Künstler eine Werkstatt für Kunsthandwerk (Bildteppiche, Lederarbeiten) eröffnet, die allerhöchstes, das heißt
„kaiserliches“ Wohlwollen genießt. Es ist sicher nicht ganz einfach, ursprüngliche afrikanische Kunstnicht zu verwässern, andererseits scheint es nach Recks Worten, als seien seine afrikanischen
Schüler aufs Geld verdienen angewiesen und stimmten einer „Vermarktung“ ihrer Erzeugnisse also durchaus zu. Das Wort „Vermarktung“ darf in diesem Fall nicht negativ gesehen werden. Das deutsche
„Lehrer-Paar“ seinerseits mußte lernen, afrikanische Mentalität und Zeitberiffe zu begreifen. Den Schöpfungen der Schüler liegen z. T. alte Felszeichnungen und ein ausgesprochen geometrisches
Verständnis zugrunde – einige mitgebrachte Knüpfwerke legen Zeugnis davon ab.
In der ihm verbleibendenZeitmalte reck in dem ihm eigenen Stil, nicht ganz unbeeinflußt von afrikanischen Eindrücken und Farben. Auch hierfür zeigt er Beispiele. Interessant ist der Vergleichmit
gleichfalls gezeigten früheren Werken.