Der Rhener, Nr.5/6, Mai/Juni 2012, S.4
Deutschlands Antwort auf Picasso
An drei Ausstellungsorten wird das Werk des Malers Albert Christoph Reck anlässlich seines 90. Geburtstages unter dem Titel „Von der Alsterquelle nach Afrika und zurück“ gezeigt.
Kulturkate Beckersberg, Henstedt-Ulzburg
19.5.-3.6.
Vernissage am 19.5. um 15.00 Uhr
Galerie Sarafand, Henstedt-Ulzburg
20.5.-30.6.
Vernissage am 20.5. um 12.00 Uhr
Schalom-Kirche Lütjenmoor, Norderstedt
21.5.-3.6
Vernissage am 21.5. um 19.00 Uhr.
Die jeweilige Einführung wird der Henstedt-Ulzburger Publizist und ehemalige ART-Redakteur Dr. Jürgen Knaack halten.
Eine vierte Ausstellung ist für den November in der Henseleit-Stiftung in Kiel geplant.
„Ich habe einen Vogel, er heißt Phantasie“, „als Einfältiger habe ich einen Knick in der Pupille“ und „ich bin in vielen Stilen zu Hause“. Das alles sind schriftliche Aussagen des Künstlers Albert Christoph Reck über seine eigene Person. Und er hat Recht. Seit mehr als 60 Jahren malt und zeichnet er an seinem eigenen Bild-Universum, das man mit Fug und Recht als Deutschlands Nachkriegsantwort auf Pablo Picasso bezeichnen kann.
Völlig eigenständig, gegen alle zeitgenössischen Richtungen der Kunst seit 1950 malt Reck an seinem eigenen roten Faden entlang, der nur seiner eigenen Bildidee verpflichtet ist. Reck ist ein nonkonformistischer, konservativer Katholik. Er ist ebenso ein Vorläufer der Jungen Wilden wie ein Nachfolger Klees, Beckmanns, Kokoschkas und Chagalls. Aber immer in seiner ein-fältigen eigenen Welt. Er verabscheut die Perspektive und die Spitzenkunst, er arbeitet vorzugsweise in Zyklen, die ausführlich um ein Thema kreisen.
Sein ausführlichstes und seine gesamte Schaffensperiode begleitendes Thema ist das Selbstporträt. In der Henstedt-Ulzburger Kulturkate Beckersberg werden deshalb 20 Arbeiten mit diesem Sujet gezeigt, die früheste von 1953. Dazu kommen einige großformatige Bilder, die überwiegend in Afrika entstanden sind und die sich thematisch auf Erscheinungen dieses Kontinents beziehen, wie z.B. exemplarisch in dem Bild „Choreografie eines Eingeborenentanzes“ aus dem Jahr 1966. Außerdem werden einige Wandteppiche ausgestellt, zu denen Reck die Entwürfe geliefert hat und die seine Frau Maria-Louise oder von ihr angelernte afrikanische Weberinnen in der eigenen Weberei „Endlotane Studios“ gefertigt haben, die das Ehepaar Reck mehr als 25 Jahre lang in Swasiland betrieben hat.
Reck beendete sein erstes und einziges, 1961 erschienenes Buch „Die kleine Naturkunde des Herrn Albert Christoph Reck“ mit dem Satz: „Auf seinen Flügeln komme ich zur Alsterquelle, zum Kampmoor und in die Harckesheide.“ Seit 1958 lebte Reck als freischaffender Künstler mit seiner Frau und einer bis 1963 auf sechs Kinder anwachsenden Schar zunächst in Harckesheide und seit 1961 in seinem vom Architekten Gerhart Laage erbauten Haus in der Straße Alsterwiesen in Henstedt-Rhen. Er streifte zu Fuß oder mit dem Fahrrad durch die Umgebung, immer die Aktentasche mit den Mal- und Zeichenutensilien dabei. Er wohnte in diesem Heim zunächst bis 1963, ging dann mit der Familie für sieben Jahre nach Südafrika, wo er in Johannesburg als Dozent an der dortigen Kunstschule unterrichtete. 1971 kehrte er mit der Familie nach Henstedt-Rhen zurück, wo er weitere fünf Jahre mit der Familie lebte, bis sie gemeinsam endgültig nach dem Verkauf des Hauses mit einem davon finanzierten hochseetüchtigen Segelboot nach Afrika auswanderten und in Swasiland lebten. Erst 2003 kehrte Reck mit seiner Frau nach Hamburg zurück. Zwei seiner Kinder sind sogar in Afrika geblieben. Darunter die 1970 in Hamburg geborene Renata Eleonora, die fünf Jahre alt war, als ihre Eltern nach Afrika gingen. Zu ihrem 12. Geburtstag zeichnete und malte ihr Vater ihr zehn zauberhafte Erinnerungsbilder an Henstedt mit dem Titel „Die Früher Landschaft“. Um dieses zentrale Werk herum gruppieren sich in der Henstedt-Ulzburger Galerie Sarafand Zeichnungen und Gemälde, die in den 13 Jahren, die Reck insgesamt in Henstedt-Rhen wohnte, entstanden sind. Dazu kommen jedoch auch einige Bilder aus den afrikanischen Jahren sowie mehrere Arbeiten aus jüngster Zeit, um die Vielfalt und vielleicht auch die Einfalt nicht zu vernachlässigen.
Als dritter Ort für diese Gemeinschaftsausstellung wurde die Schalom-Kirche der evangelisch-lutherischen Vicelin-Schalom Gemeinde im Lütjenmoor in Norderstedt ausgewählt, weil sich dort die großformatigen Bilder besonders gut präsentieren lassen. Und weil Reck ein christlicher Künstler ist, wie viele seiner Motive beweisen, darunter große Werke wie „Der Sündenfall“ und „Jakobs Traum“. Reck hat schon in der Zeit vor seiner Ausreise nach Afrika Kunstwerke für Kirchen angefertigt, darunter eine aus Holz geschnitzte Pieta, die in der Kapelle der Norderstedter St. Hedwigskirche steht und ein Dolomitrelief in der Hamburger Nikodemus-Kirche.
Dazu werden im Schalom zahlreiche großformatige Arbeiten aus allen Schaffensperioden gezeigt, große Zeichnungen aus der afrikanischen Zeit, darunter ein Triptychon „ Le dejeuner sur l’herbe“ von 1983 sowie zwei Farbzeichnungen mit Pferdedarstellungen aus dem Jahr 1993 aber auch einige Bilder, die erst vor kurzem entstanden sind, wie die große Zeichnung „Ge-Heim“ von 2010.
Zur Ausstellung erscheint mit Unterstützung der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein in der Reihe „Ars Borealis“ ein Katolog
Jürgen Knaack